Hörbericht Forschungspreisverleihung 2024
Im feierlichen Rahmen, mit Musik des inklusiven Utopia Orchesters, hat die Fürst Donnersmarck-Stiftung am 6. Dezember 2024 in der Französischen Friedrichstadtkirche am Berliner Gendarmenmarkt ihren renommierten Forschungspreis für bedeutsame Arbeiten im Bereich der Neurorehabilitation vergeben.
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Die Preisverleihung 2024
In seiner Begrüßungsrede betonte der Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung, Dr. Guidotto Graf Henckel Fürst von Donnersmarck, das mit der Preisverleihung verbundene Ziel:
Dies ist die siebente Preisverleihung. Der Preis wird alle drei Jahre verliehen und wir hoffen, dass wir auch in Zukunft mit diesem Preis aufmerksam machen können auf die Rehabilitation körperbehinderter Menschen, der sich zu widmen Aufgabe der Stiftung ist.
Zwei Gewinner des Forschungspreises
Insgesamt gab es in diesem Jahr 34 Einreichungen, die eine hochrangig besetzte, siebenköpfige Jury bewertete. Der Hauptpreis, der mit 30.000 € dotiert ist, wurde geteilt.
Der Forschungspreis der Fürst Donnersmarck-Stiftung ging zum einen an Privatdozentin Dr. Jennifer Randerath für ihre Forschung auf dem Feld der Gliedmaßen-Apraxie. Bei dieser Erkrankung haben Betroffene z. B. nach einem Schlaganfall Probleme dabei, bewusst zielgerichtete Bewegungsabläufe durchzuführen und haben zudem Schwierigkeiten bei der korrekten Nutzung alltäglicher Werkzeuge wie einen Löffel oder eine Zahnbürste.
Die Laudatio trug Dr. Sebastian Weinert von der Fürst Donnersmarck-Stiftung in Vertretung der erkrankten Laudatorin Prof. Dr. Bettina Doering vor:
Die ausgezeichnete Forschung besticht durch den ganzheitlichen Ansatz, der sowohl Grundlagenforschung als Diagnostik und Therapie verbindet. So hat sie beispielsweise ein Diagnostikinstrument für Gliedmaßen-Apraxie entwickelt, das zur Erkennung von Aufgaben genutzt wird, die einen hohen Bezug zum Alltag der Patientinnen und Patienten aufweisen. Sie hat außerdem ein Therapieprogramm entwickelt, die Naturalistic Action Therapy, welche Personen mit Gliedmaßen-Apraxie in der Rehabilitation unterstützen soll und erste Untersuchungen zur Wirksamkeitsüberprüfung dieses Trainings durchgeführt.
Die prämierte Forschungsarbeit von PD Dr. Jennifer Randerath
Jennifer Randerath beschreibt in ihrer Dankesrede das praktische Vorgehen an einem Beispiel:
Wir haben ein kognitives Training verknüpft mit psychotherapeutischen Elementen. Das heißt, wir haben unseren Patienten Hinweisreize gegeben und schrittweise geholfen, diese Aufgaben, wie zum Beispiel einen Brief zum Versenden vorzubereiten, durchzugehen. Dann haben wir schrittweise diese Hilfestellungen herausgenommen, um eine unabhängigere Handlung reinzubekommen. Gleichzeitig, um den Aspekt der fehlenden Selbstwahrnehmung zu adressieren, haben wir nach jeder einzelnen Aufgabe geschaut, dass die Patientinnen sich selbst einschätzen: wie gut waren sie, was lief gut und was lief nicht so gut? Das gleiche hat dann die Therapeutin oder der Therapeut ebenso gemacht. Dann konnten die Ergebnisse miteinander vergleichen werden. Wir sehen sehr schön, dass in trainierten Aufgaben sowie auch in untrainierten Aufgaben unsere Patientinnen sich bedeutsam verbessern.
Die zweite Hälfte des Forschungspreises im Jahr 2024 erhielt Prof. Dr. med. Friedhelm Hummel für seine Studie zur Stimulation tiefer gelegener Hirnstrukturen mit Strom bei Patienten mit neurologischen Schädigungen.
Laudator Privatdozent Dr. Christian Dohle, er ist Leitender Arzt des P.A.N. Zentrums und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neurorehabilitation, beschrieb das in der Studie beschriebene Vorgehen:
Wir machen zwei Elektroden von außen und wir programmieren den Strom, der durch diese Elektroden fließt, sodass sich das praktisch aufschaukelt und an einer bestimmten Stelle ganz tief im Gehirn eine Stimulation stattfinden kann. Das ist ein ganz spannendes Verfahren, weil wir damit in der Lage sind nicht nur diese Areale, die wir unmittelbar beeinflussen und sehen können, also kortikal, sondern auch die subkortikalen Areale zu beeinflussen.
So können die tiefer liegenden Hirnareale ohne operativen Eingriff erreicht und stimuliert werden.
Die prämierte Forschung von Prof. Dr. med. Friedhelm Hummel
Für Friedhelm Hummel bedeuten die Forschungsergebnisse hervorragende Möglichkeiten für eine Vielzahl von Anwendungsfeldern.
Ich bin jetzt schon 20 Jahre in dem Feld aber gerade jetzt in den letzten paar Jahren habe ich das Gefühl, dass tatsächlich eine neue Tür aufgegangen ist für die Forschung auf der einen Seite. Aber ich glaube, dass das auch ein sehr hohes Potenzial hat für die Therapie und die Übersetzung dieser Idee in den klinischen Alltag. Wir haben jetzt die Möglichkeit, nicht-invasiv tiefe Hirnareale zu stimulieren. Diese Areale sind zentrale Areale für Kognition, motorische Funktionen aber auch zentrale Areale, die in der Pathophysiologie oder in der Erholung von unterschiedlichsten psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen in der Neurorehabilitation involviert sind. Beispiel sind Schlaganfall, Parkinsonsche Erkrankung, Demenz, traumatische Hirnschädigung und auch Symptome wie Apathie und Fatigue.
Die Förderpreise
Neben dem Forschungspreis, der im Mittelpunkt der Auszeichnung stand, wurden fünf Förderpreise vergeben, die mit jeweils 3.000 € dotiert sind.
Sie gingen zum einen an das Team um Prof. Dr. Patrizia Thoma, Dr. Tobias Lohaus und Dr. Sally Reckelkamm von der Ruhr-Universität Bochum für die Entwicklung eines internetgestützten Therapieprogramms nach erworbenen Hirnschädigungen. Außerdem wurde Anne Geßner für ihre Masterarbeit geehrt, die sich mit der Behandlung von Menschen mit Multipler Sklerose beschäftigt und dabei einen Test beschreibt, der dazu beitragen kann, möglichst frühzeitig mit einer individuellen Therapie zu starten.
Den dritten Förderpreis erhielt Dr. Marion Egger, die sich in ihrer Doktorarbeit mit dem Rehabilitationsverlauf von Covid-19-Kranken beschäftigt. Förderpreis Nummer 4 ging an Dr. Jannik F. Scheffels. In seiner Dissertation beschreibt er die Weiterentwicklung eines speziellen Trainings für Patienten mit Beeinträchtigungen des Gesichtsfeldes mit Hilfe einer Prismenbrille.
Mit einem Förderpreis wurde zudem eine Gemeinschaftsarbeit der Universitätsklinik Dresden ausgezeichnet. Dabei geht es um die Frage der Nachsorge nach Schlaganfällen. Das Team, das vor Ort von Uwe Helbig, Nastasja Pfaff und Privatdozentin Dr. med. Jessica Barlinn vertreten wurde, entwickelte eine strukturierte Nachbetreuung, die die Eigenständigkeit der Betroffenen stärkt.
Jürgen Dusel über die Bedeutung des Forschungspreises
Aber auch der Forschungspreis selbst wurde gewürdigt. Jürgen Dusel hob in seiner Ansprache die Bedeutung des Preises für Rehabilitation und Inklusion hervor. Er ist der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung.
Forschende auszuzeichnen, die sich gerade im Bereich der Rehabilitation verdient gemacht haben, ist wichtig. Denn die Forschung gerade über Menschen mit Beeinträchtigungen und deren besondere Belange, das wird manchmal in der Forschung ein wenig stiefväterlich, stiefmütterlich behandelt. Deswegen ist es so wichtig und so gut, dass die Fürst Donnersmarck-Stiftung diesen Aspekt der Rehabilitation und das Forschen an möglichst guter Rehabilitation immer wieder auch mit der Verleihung dieser Preise deutlich und stark macht.
Der Forschungspreis der Fürst Donnersmarck-Stiftung trägt seit 2006 dazu bei, Barrieren abzubauen und die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Aspekten des gesellschaftlichen Lebens zu verbessern. Damit steht er in der langen Tradition der Stiftung, die seit 1916 aktiv ist und auch in Zukunft diesem Ziel verpflichtet bleibt.