Hörbericht WIR machen Medien
Hörbericht zur Diskussionsrunde am 24.4.2024
70 Jahre WIR-Magazin! Solange schon schreibt eine inklusive, ehrenamtliche Redaktion im Magazin der Fürst Donnersmarck-Stiftung über Themen, die Menschen mit Behinderung bewegen. Ein guter Anlass, um zu diskutieren, wie sich die Möglichkeiten von Menschen mit Behinderung in Print, Online & Co. verändert haben. Hören und lesen Sie einen Beitrag von Klaus Fechner.
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Seit 70 Jahren bietet das WIR-Magazin der Fürst Donnersmarck-Stiftung Themen rund um Behinderung und darüber hinaus. Seit Anfang an schreibt eine inklusive Redaktion gemeinsam die Artikel. Dieses Jubiläum war der Anlass für die Diskussionsrunde „WIR machen Medien“ im Rahmen der 15. Berliner Stiftungswoche am 24. April 2024 in der Villa Donnersmarck. Dabei wurde ein Blick auf die Medienlandschaft und ins Innenleben der WIR-Redaktion geworfen. Zum Auftakt der Diskussion betonte die Kommunikationswissenschaftlerin Dr. Debora Medeiros die grundsätzliche Funktion von Medien.
Viele Sachen, die wir mitbekommen, erleben wir ja nicht direkt. Dadurch, dass wir in einer globalisierten Welt leben. Sachen, die in anderen Ländern passieren oder in anderen Bezirken hier in Berlin passieren, bekommen wir nicht direkt mit. Darum sind wir auf Medien angewiesen, um diese Informationen zu bekommen und auch Einordnungen dazu. Deswegen ist es wichtig, dass Journalismus so viele Realitäten wie möglich darstellt. Von Menschen mit Behinderung, von queeren Menschen oder von Menschen mit Migrationshintergrund. Damit wir alle, die vielleicht keine Behinderung oder keinen Migrationshintergrund haben, wissen, wie es diesen Communities geht und diese Themen auf dem Schirm haben. Ich würde sagen, deswegen sind Medien sehr wichtig. Sodass man Kenntnisse über die eigenen Erfahrungen hinaus bekommt.
Medien bieten Informationen und ordnen diese ein. Das sieht Henning Schmidt ebenso. Er ist Redakteur beim Radiosender Radio Eins vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk Berlin-Brandenburg. Dort arbeitet er seit mehreren Jahren, erst mit befristeten Zeitverträgen, inzwischen in Festanstellung. Als Mensch mit Behinderung ist er im Kollegenkreis eine Ausnahme. Zu Beginn seiner journalistischen Laufbahn hat er insbesondere Inklusionsthemen bearbeitet. Später kamen auch andere Themenbereiche hinzu.
Ich bin der Einzige, bei dem man sofort sieht, ah, der läuft ein bisschen schlecht und der sieht schlecht, der in dem Sinne sichtbar schwerbehindert ist. Was im Laufe der Jahre ganz nett war, ich habe dann teilweise auch von Kollegen, die keine Behinderung haben, die Rückmeldung bekommen, dass sie anders über Behinderung denken und nachdenken, seit es mich gibt. Und dass sie auch sensibler in der Sprache sind. Ich denke, der Blick auf Behinderung ist verändert worden.
Einen anderen Weg hat das WIR-Magazin der Fürst Donnersmarck-Stiftung eingeschlagen. Seit der Gründung 1954 schreibt eine inklusive Redaktion, bestehend aus Mitarbeitenden der Stiftung und ehrenamtlichen Redakteuren mit Behinderung, die Inhalte. Redakteurin Sabine Lutz beschreibt, was für Sie bei der Arbeit am Magazin besonders wichtig ist.
Es macht es sehr besonders, weil wir Themen vorschlagen können, Themen auch angenommen werden. Und wenn sie angenommen werden, dann auch mit Hilfe und Unterstützung – je nachdem, wie der Bedarf beim Autor ist – ergänzt oder geholfen wird. Aber so, dass im Prinzip der Tenor, die Sprache und die Schreibweise für jemanden, der ein wenig Erfahrung hat mit Sprache, erkennbar ist. Ich weiß genau, das ist deren Farbe und Duktus. Das ist ein fairer Umgang miteinander.
Inhaltlich bietet das WIR-Magazin einen bunten Strauß an Themen: Sozialpolitik, Kunst, Kultur, Sport. Dazu gibt es viele Tipps und Termine für die Freizeitgestaltung. Während der Diskussion in der Villa Donnersmarck ging es aber nicht nur um Inhalte, sondern auch um die Art und Weise, wie Themen dargestellt werden. In diesem Zusammenhang machte sich ein WIR-Redakteur für einen freundlichen und konstruktiven Journalismus stark, der nicht nur Probleme benennt, sondern auch Lösungen und Möglichkeiten zeigt. In der Medienwissenschaft wird dieses Vorgehen als „Konstruktiver Journalismus“ bezeichnet. Das ist ein Ansatz, den das WIR-Magazin bereits umsetzt, wie Debora Medeiros meint.
Ich finde, „Konstruktiver Journalismus“ findet in den Beiträgen schon statt. In der Ausgabe zur Digitalisierung fand ich die Hürden, die Menschen bei der Digitalisierung haben, sehr spannend. Zum Beispiel, dass für einige Menschen W-Lan zuhause zu teuer wäre oder dass einige Software-Programme nicht gut genug eingestellt sind. Diese Probleme werden berichtet, aber auch das Angebot von digitalen Lotsen, dass es das auch gibt. So sieht man, okay, es gibt Schwierigkeiten und die decken wir auf. Aber es gibt auch Lösungen.
Das WIR-Magazin gibt es in der Druckausgabe und auch als PDF zum Herunterladen. WIR-Redakteur Michael Grothe wirft einen Blick nach vorne. Für ihn ist klar.
… dass es schon 70 Jahre das WIR-Magazin gibt und dass es auch weiterhin geben sollte. Aber man muss sich natürlich orientieren. Bleiben wir bei Print, wie weit steigen wir in die Zukunftsmöglichkeiten der Darstellung ein? Also braucht man zu dem, was man liest, eine Vorlesefunktion.
Zusätzliche Techniken wie eine Vorlesefunktion und auch neue Verbreitungskanäle können heutzutage Printmagazine ergänzen. Dazu gehören zum Beispiel Social Media, Podcasts oder Videos auf YouTube. Vieles ist denkbar. Ob und wie sehr sich das WIR-Magazin und dessen Präsentation verändern wird, das wird die Zukunft zeigen.